Erfolgskonzept im zweiten Anlauf: Sonnencreme statt Desinfektionsmittel aus dem Spender

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ir erinnern uns: Nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie drehte sich viel um das Thema Händewaschen und Desinfektion. Tutorial-Videos gingen viral, an jeder Ecke tauchten Spender für Desinfektionsmittel auf. Dabei war früh klar, dass Schmierinfektionen eine bestenfalls untergeordnete Rolle bei der Covid-Übertragung spielten. Doch der Akt des Desinfizierens vermittelte das trügerische Gefühl, aktiv etwas gegen die Ausbreitung der Coronaviren zu tun, ohne allzu große Einschränkungen im Alltag hinnehmen zu müssen. Vermutlich genau deshalb verbreiteten sich Desinfektionsmittel-Spender in einem Ausmaß, das vor der Pandemie undenkbar gewesen wäre.

Revival gegen Hautkrebs-Epidemie

Heute sind die Spender vielerorts verwaist. In den Niederlanden hat sich jedoch eine Zweitnutzung etabliert, die weitaus nützlicher ist als die ursprüngliche Verwendung: Statt Desinfektionsmittel fließt nun gratis Sonnencreme.

Die Idee hatte die Hautärztin Karen van Poppelen der Klinik Venlo-Venray angesichts einer regelrechten Hautkrebs-Epidemie in den Niederlanden: In der vergangenen zehn Jahren hatten sich die Fälle mehr als verdoppelt. "Ungefähr jeder fünfte Niederländer bekommt im Laufe seines Lebens Hautkrebs. Und die häufigste Ursache dafür ist Sonnenbrand. Sich gut davor zu schützen ist die beste Manier, dem Hautkrebs vorzubeugen", sagte van Poppelen der ARD.

Die ersten Spender wurden im vergangenen Jahr eingerichtet, inzwischen sind sie nahezu flächendeckend anzutreffen, unter anderem an Stränden, in Schulen und in Fußgängerzonen. Umrüstung und Befüllung werden von unterschiedlichen Trägern finanziert, etwa Gemeinden, Krankenkassen oder Unternehmen. Längst werden dabei auch neue Geräte aufgestellt.

Vorbildliche Präventionsmaßnahme

Van Poppelens Idee besticht durch ihren Pragmatismus. Das ursprüngliche Konzept und die bestehende Infrastruktur werden einem neuen Nutzen zugeführt, der wesentlich mehr Sinn macht als der ursprüngliche Verwendungszweck. Die Gefahr durch Sonnenstrahlung ist den meisten Menschen bewusst, trotzdem wird der Sonnenschutz oft aus reiner Nachlässigkeit unterlassen.

Ein niedrigschwelliges Angebot wie die Gratis-Spender setzt damit genau am richtigen Punkt an und dürfte in der Zukunft viele Leben retten. Ein Beispiel, das hoffentlich auch in anderen Ländern Schule macht, denn natürlich beschränkt sich die rasante Ausbreitung des Hautkrebs nicht auf die Niederlande: Die Zahl der Fälle steigt europaweit jedes Jahr um 10 Prozent.